Ich hab da einen Ratschlag für dich. In Ratschlägen lauert oft eine Falle. Hast du schon mal dies Probiert? An deiner Stelle würde ich das tun. Ein Ratschlag gefällt häufig vor allem den Ratschlag geber. Doch was macht einen guten Rat aus? Wie gebe ich einen guten Rat und was solltest du auf keinen Fall tun?
Inhalt:
Ungefragter Rat
Ungefragter Rat = Unrat. Und Unrat entsorgen wir gewöhnlich im Müll. Dabei steckt hinter der Misere meist eine gute Absicht. Das Problem entwickelt sich im Gespräch. Da schildert jemand eine Situation oder ein Problem und schon wird mit Ratschlägen geantwortet. „Ich würde an deiner Stelle dies tun“. „Hast du schon mal das probiert?“ Ungefragten Rat erhalten wir praktisch täglich. Wenn wir ehrlich sind, hat jeder auch schon mal ungefragte Ratschläge gegeben. Sie werden jedoch zum Problem, weil dem Absender der daraus entstehende Kontext häufig nicht bekannt ist.
Ungefragte Ratschläge
Was ist also falsch an den ungefragte Ratschlägen? Wo liegt das Problem?
Probleme sind oft komplex. Wir grübeln deshalb häufig lange und wägen Optionen ab. Wenn wir vor einem unlösbaren Problem mit vielen Einflussfaktoren stehen, dann käme es einem Wunder gleich, wenn Lisa Lustig am Telefon spontan die Lösung für dieses Problem parat hat.
Ungefragte Ratschläge sind also in den seltensten Fällen eine echte Hilfe. Ein solcher Ratschlag suggeriert jedoch „warum bist du nicht selbst drauf gekommen?“. Er hebt den Ratschlaggeber als Person, die vermeintlich die Lösung längst kennt, über den Gesprächsteilnehmer.
Gut gemeint aber
Ein guter Rat ist zunächst auch gut gemeint. Davon gehen wir natürlich aus. Es passiert jedoch sehr häufig, dass der Ratschlag sein positives Ziel weit verfehlt. Wenn der Ratschlag vor allem einem gefällt – dem Ratgeber – dann ist dies vor allem ein Zeichen von egozentrischem Kommunikationsverhalten. Wer sich selbst für „besser“ hält, hat natürlich für jede Lebenssituation auch einen Rat parat.
Ungebetener Rat wird oft als Einmischung oder Bevormundung empfunden. Er spricht dem Gesprächspartner die Problemlösungskompetenz ab. Noch gravierender sind die Folgen, wenn die Probleme des Einen mit den Ratschlägen des anderen gekontert werden. Ein gegenseitiger Beschuss von Problemen und vermeintlichen Lösungen führt zu Ablehnung.
Guten Rat richtig geben
Ganz wichtig: Ein guter Ratgeber muss nicht Lösung liefern. Wenn wir guten Rat geben wollen, müssen wir vor allem zuhören können. Wir müssen die Situation und das Problem als Ganzes verstehen. Das ist wichtig, weil es Respekt und Wertschätzung gegenüber dem im Raum stehenden Problem ausdrückt.
Nachfragen
Bevor wir also mit ungefragten Ratschlägen vorpreschen, sollten wir Ruhe bewahren. Zuhören aber vor allem auch nachfragen. „Hattest du so eine Situation schon mal?“ „Wie hast du dich dabei gefühlt?“ „Wie war dein Eindruck?“.
Gespräche über Probleme sollten daher niemals mit voreiligen Ratschlägen gekontert werden. Es geht bei diesen, vertrauensvollen Gesprächen vielmehr darum, sich zu verstehen. Hierfür braucht es vor allem eins: Empathie.
Darf ich dir einen Rat geben?
Die wichtigste Frage bei Gesprächen dieser Art: darf ich dir einen Rat geben? Um Erlaubnis bitten. „Darf ich mich in dein Problem einmischen?“ Die Frage ist die verbale Verneigung. Vor allem aber ein Zeichen von Respekt und Wertschätzung.
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Ratschlag formulieren
- Ein guter Ratschlag ist keine Anweisung. Er sagt deshalb nicht, was der Gegenüber tun soll. Das fällt uns häufig schwer, weil wir es gewohnt sind, schnell und konkret zu antworten.
- Wenn wir einen Ratschlag formulieren, sollte er eine Abwägung der einzelnen Optionen beinhalten. Chancen, Risiken, Szenarien sollten möglichst neutral aufgegriffen werden.
- Ein guter Ratschlag ist nicht zwangsläufig die Lösung des Problems. Es ist bereits viel erreicht, dem Gegenüber zu vermitteln „ich bin für dich da“.
- Die bereits erwähnten Nachfragen sind bereits Teil der Lösung. Fragen helfen, neue Perspektiven einzunehmen. Das Problem aus einem anderen Blickwinkel neu zu bewerten. Die gestellten Fragen sind somit bereits wertvoller als das eigentliche Fazit. Sie helfen, blinde Flecken zu erkennen und können damit erheblich dazu beitragen, Situationen oder Reaktionen besser zu verstehen.
#1 Würde ich mir selbst diesen Ratschlag geben?
Rollenwechsel. Wäre dieses Problem mein eigenes – welchen Ratschlag würde ich mir geben? Wie würde ich den Ratschlag eines Dritten bewerten? Möchte ich in dieser Situation überhaupt einen Ratschlag?
Die Antwort ist schwierig. Häufig erleben wir, dass Ratschläge eher ein allgemeines Wunschbild erfüllen – als tatsächlich Hilfe zu leisten. Denn klar ist auch: wer berät hat es einfach. Der Rat gebende muss schließlich nicht die Konsequenzen tragen. Somit wird oft beobachtet, dass der gegebene Rat – wenn es um die eigene Person geht – plötzlich vollkommen anders bewertet wird.
Die entscheidende Frage ist daher: würde ich mir selbst diesen Rat geben? Wenn die Antwort ein klares JA ist, dann könnte der Rat für den Hilfesuchenden relevant sein. Ist die Antwort hingegen ein NEIN, dann ist falscher Rat gar boshaft. Bewusst falscher Rat leitet den Hilfesuchenden auf einen falschen Weg. Narzissmus ist leider weit verbreitet. Egoisten und Narzissten werden sich daran erfreuen – und damit entlarvt.
#2 Guter Rat: Perspektivenwechsel
Zum Perspektivenwechsel gehört nicht nur die Frage, ob ich mir selbst diesen Rat geben würde. Der Perspektivenwechsel kann helfen, das Problem besser zu verstehen oder gar zu lösen.
Der barsch herumkommandierenden Chef wurde zum Problem. Die Fronten zwischen Mitarbeitern und ihm verhärteten sich. Beim Perspektivenwechsel wurde seine Situation viel besser verständlich. Er kaschiert seine Unsicherheit durch sein Verhalten. Neu in der Rolle war er schlichtweg überfordert und reagierte deshalb aufbrausend.
Nun ist das Problem hiermit noch nicht gelöst aber der Umgang mit der Situation fällt deutlich leichter, wenn der Hintergrund transparent wird. Der Perspektivenwechsel ist deshalb ein äußerst wichtiges Instrument.
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#3 Ratschlag: Gefühle
Wie fühlst du dich dabei? Wir Menschen reagieren emotional. Der eine mehr, der andere weniger. Emotionen und unser Bauchgefühl steuern unser Leben. Sie sind deshalb wichtige Begleiter und helfen uns, die Informationsflut zu bewältigen.
Manchmal können Gefühle aber auch falsch liegen. Emotionen können sich hoch schaukeln. Daher ist ein guter Rat, die Situation möglichst sachlich und neutral zu beleuchten. Fakten auf den Tisch. Wie haben sich die Ereignisse zugetragen? Wer wusste wann was? Und: hatte vielleicht auch der Zufall seinen Beitrag geleistet?
Auch hier helfen Rückfragen, um die Situation besser zu verstehen. Die oben erwähnten, blinden Flecken zu erkennen und mit Fakten zu füllen. Denn Emotionen sind gut, in problematischen Situationen können Sie jedoch zu Impulshandlungen verleiten. Diese impulsiven Reaktionen sind in den seltensten Fällen optimal.
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Wenn Ratschläge ehrlich gemeint sind, dann ist das ja wirklich gut. Aber es gibt eben schon diese Menschen, die einfach alles kommentieren müssen. Und das nervt dann wirklich. Deshalb echt guter Artikel, Danke hierfür.